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Fraueneuropameisterschaft 2024

Die Fraueneuropameisterschaft fand vom 19.-29.04. auf der griechischen Insel Rhodos statt. Die Anreise gestaltete sich zu dieser Zeit des Jahres recht kompliziert und so konnte ich keine bessere Möglichkeit finden, als sowohl in Istanbul als auch in Athen umzusteigen. Insgesamt dauerte das ungefähr 16 Stunden und war natürlich super anstrengend. Daher entschied ich mich zusammen mit Fiona schon zwei Tage früher anzureisen, sodass ich den Reisestress etwas überwinden konnte, bevor es an die Partien ging. Zudem entschieden wir uns dieses Jahr nicht im offiziellen Hotel unterzukommen, sondern eine Wohnung zu mieten. So hatten wir beide ein eigenes Schlafzimmer und somit einen Rückzugsort, hatten bessere Kontrolle über die Qualität des Essens und konnten auch noch Geld sparen.

Die ersten beiden Tage nutzten wir dann vor allem, um uns ein wenig umzuschauen und natürlich einzukaufen.

Von diesem Aussichtspunkt hatte man einen guten Blick auf die Insel. Der grüne Punkt markiert das offizielle Hotel und der pinke Stern unsere Wohnung. Wie man sieht, befindet sich beides direkt am Meer. Leider ist in diesem Teil von Rhodos der Strand nicht allzu schön, da alles sehr steinig ist. Zudem führte die absolute Hauptstraße direkt am Strand vorbei, sodass die idyllischen Spaziergänge, die ich mir vor dem Turnier ausgemalt hatte, nicht möglich waren.

Am 19. startete dann das Turnier. Die erste Runde begann schon mit einem kleinen Schrecken, da ich eine recht leichte Taktik übersah und schnell einen Bauern verlor.

Meine Gegnerin spielte auch lange stark weiter, wurde mit ablaufender Zeit aber sehr nervös und am Ende konnte ich sie irgendwie austricksen. Kein optimaler Start, aber Punkt ist Punkt :-).

In Runde zwei spielte ich dann gegen eine junge Georgerin, die bereits in der ersten Runde eine starke Gegnerin schlagen konnte. Die Eröffnung und das Mittelspiel verliefen allerdings sehr gut für mich und so hatte ich die ganze Zeit eine dominante Stellung - bis zu dem Punkt, an dem ich es abschließen musste.

In dieser Partie haben mich ganz klar meine Emotionen einen halben Punkt gekostet und das war sehr ärgerlich. Meine Gegnerin verteidigte sich lange sehr gut und als ich den Eindruck hatte endlich durchgedrungen zu sein, verlor ich die Kontrolle. Als Bestrafung gab es am nächsten Tag die nächste junge Gegnerin. Ich spielte gegen die 15-jährige Bozhena Piddubna aus der Ukraine, die eine Elozahl von 2005 hatte, aber bereits 1,5 Punkte gegen Gegnerinnen mit über 2300 geholt hatte. Sie spielte sehr interessant und stark bis folgende Stellung entstand.

Diagramm 1: Stellung nach 20.e3

Hier war ich für einen Moment unaufmerksam und verpasste die weiße Hauptdrohung. Ich spiele 20...Td7? und nach 21. d5! Lxd5 22. Lxc4 Da5 23. b4 Dxa3 24. Lxd5 steht Weiß aufgrund des schwachen schwarzen Königs glatt auf Gewinn. Die Partie dauerte noch weitere 47 Züge, eine Chance bekam ich aber nicht mehr. Dieser Verlust war natürlich sehr schmerzhaft, und irgendwie war es nochmal ärgerlicher für mich, weil die Paarungen an diesem Tag nicht "korrekt" waren.






Offenbar war das Ergebnis der zweiten Runde zwischen Zimina und Stefan falsch eingetragen worden und es fiel niemandem auf bis die Paarungen gemacht wurden. Allerdings ändert es natürlich eine ganze Menge, ob eine 1900 oder eine 2300 in einer Punktegruppe ist und eine Korrektur hätte die gesamte Auslosung geändert. Abgesehen von meinem Ärger über mein eigenes Ergebnis ist das aber aus meiner Sicht auch ganz klare Wettbewerbsverzerrung, denn sowohl Melia als auch Zimina haben so eine viel leichtere Gegnerin bekommen, als sie eigentlich bekommen sollten und es ist mir ein Rätsel, wie man sich entscheiden konnte, dies so stehen zu lassen.

Genug zu den Fehlern der Schiedsrichter und zurück zu meinem Turnier. 50% nach 3 Runden, gegen drei schwächere Gegnerinnen war natürlich kein Traum und interessanterweise war meine nächste Gegnerin dann zumindest elomäßig nochmal deutlich stärker als die ersten drei. Ich spielte im Taimanov eine Variante, die wir letztes Jahr bei der Team-WM vorbereiteten, meine Gegnerin kannte sich aber super aus und spielte auch danach stark weiter, sodass ich keine Siegchancen bekam und die Partie Remis endete. In der fünften Runde wollte ich dann endlich mal wieder gewinnen, damit ich mit guter Laune in den Ruhetag gehen konnte. Die Partie startete auch sehr vielversprechend und ich bekam schnelle eine gute Stellung in meinem geliebten Najdorf. Allerdings verpasste ich einen recht klaren Gewinn und nach ressourcenreicher Verteidigung meiner Gegnerin gelang mir auch dieses Mal der Sieg nicht.


Den Ruhetag wollten wir nutzen, um uns die Altstadt anzuschauen und uns zu entspannen.


In einer Malteser-Ausstellung

In Rhodos ist der Großmeisterpalast die Hauptattraktion. In diesem gibt es ein Museum über seine Geschichte. Die Großmeister hatten zwar nichts mit Schach zu tun, aber vielleicht hilft dieser Besuch langfristig ja doch irgendwie :-). Die Altstadt ist insgesamt wie eine Festung aufgebautund man traf auf sehr viele Touristen (und jeder zweite sprach Deutsch). Wir nutzten dort auch die Chance einmal außerhalb und somit Griechisch zu essen. Anschließend deckten wir uns mit Lebensmitteln für die zweite Turnierhälfte ein und genossen den Rest des Abends an unserem Pool. So fühlte ich mich bereit für die zweite Hälfte und war zuversichtlich, dass diese besser wird als die erste. In Runde 6 ging es auch vielversprechend los. Aus einer Alapineröffnung konnte ich mit Weiß ein etwas angenehmeres Endspiel erreichen, das meine Gegnerin viel zu passiv verteidigte und das ich nach langem Kampf, aber sehr überzeugend gewann.

In der anschließenden Runde lief es allerdings nicht mehr ganz so rosig. Ich bekam eine etwas unangenehm Stellung aus der Eröffnung gegen eine junge Israelin. An einem Moment hatte sie auch eine Chance auf großen Vorteil, diese verpasste sie jedoch und so konnte ich mich in ein remises Turmendspiel retten. Runde 8 war dann schon deutlich mehr nach meinem Geschmack - wieder spielte ich gegen eine junge Israelin, die deutlich überperformte, aber dieses Mal kam meine Vorbereitung perfekt aufs Brett.


Mit einem spektakulären Qualitätsopfer konnte ich ihren König in der Mitte halten und eine starke Initiative bekommen. Diese blieb mir bis zum Ende erhalten und so gewann ich eine überzeugende Partie. Zur Belohnung gab es in Runde 9 die erste stärkere Gegnerin für mich und nochmal Weiß! Ich entschied mich wieder Englisch zu spielen, da man neue Eröffnungen natürlich auch ein bisschen üben muss :-). Die Partie ging schnell in Katalanisch über und meine mangelnde Erfahrung zeigte sich recht schnell. Ich fand keinen besonders guten Plan und wurde überspielt. Allerdings konnte ich ganz gut dagegenhalten und kurz vor der Zeitkontrolle erreichten wir folgende Stellung:

Diagramm 2: Stellung nach 39...Dc5

Hier entschied ich mich mit 40. Dd4 den Damentausch anzubieten, weil ich korrekt berechnete, dass der c-Bauer nicht durchläuft und weil der Springer im entstehenden Endspiel besser als der Läufer sein sollte. Meine Gegnerin nahm dem Tausch an, in der Hoffnung, dass der potenzielle Freibauer am Damenflügel entscheidend werden würde. Allerdings glichen sich diese beiden Faktoren weitestgehend aus und knapp 15 Züge später realisierten wir beide, dass es keine Fortschritte mehr zu erzielen gibt und die Partie endete Remis. In der letzten Runde des Turniers spielte ich gegen Ex-Europameisterin und GM Elina Danielian mit Schwarz. Theoretisch ging es noch um Preisgeld, aber ich wollte vor allem noch eine letzte gute Partie spielen. Über lange Strecken gelang mir das, bis ich es recht simpel einstellte.


Damit gab es mit 5,5/10 leider keinen versöhnlichen Abschluss für mich und das Turnier endete mit einem recht großen Elominus. Aber ich versuche ja auch das Positive zu sehen und muss sagen, dass schachlich die zweite Hälfte deutlich besser war als die erste und dass ich froh bin, dass ich nach den ersten paar Runden psychologisch nicht völlig zusammengebrochen bin, sondern es geschafft habe noch ein paar gute Partien zu spielen.

Nach einer sehr langen und anstrengenden Rückreise (ich habe unsere Wohnung morgens um 4 verlassen und kam abends um 23 Uhr zu Hause an), werde ich mich in den nächsten Tagen auf die Analyse meiner Partien konzentrieren, bis es in weniger als 2 Wochen für mich Nach Sharjah geht, wo bereits das nächste Turnier ansteht und wo es hoffentlich besser läuft :-).


Vielen Dank für eure Unterstützung und die lieben Kommentare unter meinen Youtubevideos, auch wenn es mal nicht so läuft. Bis zum nächsten Mal, Josefine

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2 Comments


Danke für den schönen Bericht. Und mehr Glück und Erfolg beim nächsten Turnier. Gruß aus Transilvania von herby

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VIelen Dank! Ich denke beim nächsten Turnier wird es besser :)

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