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Serbia Masters wieder ein Desaster?

In Absprache mit unserem Bundestrainer, entschied ich mich vor der Olympiade noch zwei starke Openturniere zu spielen. Das erste fand vom 12.-21.07. in Belgrad statt. Dort spiele ich bereits 2021 und 2023. 2023 lief es nicht so gut, nachdem ich schlecht startete und dann die türkische Jugendmeisterschaft spielen musste. Auch in diesem Jahr hatte ich in den ersten drei Runden wieder das große Los gezogen und musste gegen drei Jugendliche/Kinder spielen. Dieses mal waren es keine Türken sondern Russen und sie kamen alle direkt aus Paracin, wo sie bereits groß aufspielten:


In keiner der Partien konnte ich gewinnen, in der dritten war das zugegebenermaßen meine Schuld, weil meine Verwertung unglaublich schlecht war, in den ersten beiden war es aber recht chancenlos. Am Ende des Turnieres konnte man sehen, dass die Ergebnisse in Paracin keine Eintagsfliegen waren:

Solche Paarungen, vor allem wenn sie sich häufen, sind immer bitter, weil sie elotechnisch natürlich sehr teuer sind, aber da muss man durch und es kommen wieder bessere Tage(manchmal auch direkt im Anschluss. Auch in Runde vier musste ich gegen einen 10-jährigen spielen, dieser spielte aber wesentlich schwächer als meine ersten drei Gegner und so konnte ich schnell aus der Eröffnung einen angenehmen Vorteil ohne Gegenspiel bekommen. Dem Druck hielt er nicht lange stand und stellte eine große Menge Material ein:

Diagramm 1: Stellung nach 30...Se7

Weiß kann nun 31. Sc5! spielen und Schwarz verliert zwangsläufig Material. Das Feld d8 ist tabu für die Dame, wegen der Gabel auf b7. Die Felder e8 und c6 sind tabu, weil 32. Se4 den Bauern auf f6 und den Turm auf d6 angreift. Die schwarze Stellung fällt sofort auseinander und mein Gegner gab nach 31...Dc6 32. Se4 auf.

Zur Belohnung gab es in der nächsten Runde einen jungen chinesischen IM als Gegner und damit meinen ersten elostärkeren Gegner. Dieser überraschte mich bereits im 1. Zug, weil er 1.e4 spielte und ich mit ungefähr allem anderen rechnete. Er zeigte sich sehr gut vorbereitet und ich kannte meine Variante nicht gut genug und geriet schnell in eine schlechte Stellung. Allerdings war die Partie sehr kompliziert und auch mein Gegner spielte nicht fehlerfrei, sodass ich Chancen bekam, die Partie zu retten. Am Ende leider ein grober Fehler kurz vor der Zeitkontrolle und somit stand die erste 0 im Turnier.

Am nächsten Tag spielte ich zum ersten Mal im Turnier 1.e4 und bekam eine leicht bessere Stellung in der französischen Vorstoßvariante. Mein Gegner spielte aber sehr solide und fand schließlich eine fantastische Festungsidee:

Diagramm 2: Stellung nach 35. Ld2

Schwarz kann den Läufer nach d6 zurückziehen und sollte die Stellung halten, aber Weiß wird lange probieren. Stattdessen forcierte mein Gegner das Remis mit: 35... Lxd2 36. Kxd2 b5! und egal wie Weiß auf b5 nimmt, Schwarz wird mithilfe von ...b6 den Damenflügel komplett abschließen und Weiß kann nirgendwo auf dem Brett Vorteile erlangen. Ich versuche mit 37. Kc3 einen Bauern zu opfern, um noch irgendeine Chance auf den Sieg zu haben, aber mein Gegner verteidigte sich gut und ließ mir keine Chancen.



In Runde 7 verlief die Eröffnung deutlich besser und ich hatte schnell einen glatten Mehrbauern mit Schwarz, weil Weiß wohl seine Varianten verwechselte. Meine Verwertung war wieder nicht optimal und Weiß hatte bei sehr genauem Spiel nochmal Chancen die Stellung zu halten, allerdings gelang dies meinem Gegner nicht und ich gewann.

Als Belohnung spielte ich in Runde 8 gegen die serbische Legende GM Branko Damljanovic. Ich erhielt eine etwas unangenehme Stellung, verteidigte mich jedoch sehr gut und hielt problemlos Remis. So bekam ich auch in der letzten Runde nochmal einen stärkeren Gegner, IM Setyaki aus Indonesien. Vor der letzten Runde schaut man natürlich auch immer ein wenig, wie es mit Preisen aussieht, und da es bei dem Turnier 5 Frauenpreise gab, hatte ich sehr gute Chancen einen davon zu gewinnen. Es gab nur eine weitere Frau, die genauso viele Punkte hatte wie ich, aber deutlich bessere Buchholz und drei, die einen halben weniger hatten, aber alle mit etwas schlechterer Buchholz. So war klar, ein Remis sollte wohl für die Top 3 reichen, ein Sieg würde mir gute Chancen auf den 1. Platz geben, aber vor allem den sicheren 2. Natürlich kann man rechnen, so viel man will, am Ende muss gespielt werden :-) Da die letzte Runde morgens stattfand, hielt die Vorbereitung sich in Grenzen und ich rechnete nicht mit der Variante, die mein Gegner spielte:

Diagramm 3: Stellung nach 8.Sh2

Das weiße Spiel sieht sehr komisch aus, aber die Idee ist sehr prinzipiell. Der Springer möchte über g4 nach e3 und die Kontrolle über das Feld d5 verstärken. Der beste Weg für Schwarz hier ist: 8...Sbd7 9. Sg4 b5 10. Se3 Sb6 und Schwarz hat rechtzeitig den Springer nach b6 bekommen, sodass d5 gut verteidigt ist. Ich spielte aber 8...Le7 und nach 9. Sg4 Le6 10. Se3 Sbd7 11. Ld3 hat Weiß bekommen, was er wollte. Allerdings stehen die schwarzen Figuren auch sehr vernünftig und ich konnte die Stellung recht problemlos ins Remis führen. Mit diesem Remis gewann ich den zweiten Frauenpreis, vor der serbischen Nationalspielerin WGM Marina Gajcin und hinter der jungen Mongolin Bat-Erdene Mungunzul, die ihre letzte Partie sogar gewinnen konnte und ein wirklich fantastisches Turnier spielte! Gerne würde ich hier ein Foto zeigen, allerdings verließ ich mich darauf, dass die vielen Fotos, die bei der Siegerehrung gemacht wurden, auch hochgeladen werden(Spoiler: offenbar werden sie das nicht). Fazit: Lieber selber machen!

Kommen wir nun noch zu einem kleinen schachlichen Fazit, da ein Frauenpreis bei diesem Turnier natürlich nicht das oberste Ziel war, dennoch ein netter Bonus. Das Turnier war in jedem Fall solide, die einzige Partie, in der ich klar schlechter stand, verlor ich, in allen anderen Partien hatte ich keine großen Probleme und hatte auch gute Chancen, noch einen halben Punkt mehr zu holen.


Was noch positiv zu erwähnen ist, dass der Pokal des Turniersiegers jetzt mein Wohnzimmer schmückt :-). So ging es natürlich mit guter Laune wieder nach Hause, wo ich mich etwas ausruhe und natürlich weiter trainiere vor dem nächsten Turnier. Das startet am 05.08. in Riga.

Dort steht nicht nur ein klassisches Turnier an, sondern ich werde auch bei einem Schnellschachturnier und 1-2 Blitzturnieren mitspielen. Natürlich hoffe ich, dass ich da vielleicht noch die eine oder andere Partie mehr gewinnen kann, aber wir werden sehen und ich werde euch danach natürlich wieder informieren! Bis dahin, Josefine PS: Mein Youtubekanal hat jetzt die 5000 Abonnenten geknackt und als Dankeschön habe ich einen VLOG hochgeladen, in dem ihr sehen könnt, wie ein typischer Tag bei mir aussieht:


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