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Turnierreise in die Emirate

Im Mai standen für mich zwei Turniere in den arabischen Emiraten an. Zunächst war das Sharjah Challengers vom 14.05-22.05. dran. So reiste ich am 13. von Baku nach Dubai und fuhr von dort, mit einer großen aserbaidschanischen Delegation, mit dem Bus nach Sharjah in unserer Hotel. Das Hotel Centro befindet sich direkt am Flughafen von Sharjah. Bereits 2020 war ich einmal in diesem Hotel untergebracht und wusste daher, dass sowohl die Zimmer als auch das Essen gut sind. Das hat sich auch in diesem Jahr nicht geändert. Die Bedingungen waren also gut und die Partien starteten jeden Tag um 17 Uhr. Auf meinen Youtubekanal habe ich bereits recht ausführlich über meine Partien berichtet, daher werde ich hier nur auf einige kritische Momente eingehen und etwas über das Drumherum schreiben. Gespielt wurde im Schachclub von Sharjah, der flächenmäßig der größte Schachclub der Welt ist (laut eigener Aussage).

Foto: Sharjah Chess Club

Wie üblich in Ländern, in denen es sehr heißt ist, besteht immer die große Frage, was angemessene Kleidung für die Partie ist. Draußen schwitzt man ohnehin, aber drinnen ist die Klimaanlage meistens voll aufgedreht, sodass ich meistens gefroren habe und so beide Turniere nur in Pullover gespielt habe.

Foto: Dubai Chess Club

Ein weiteres Problem ist, dass ich vor den Partien gerne spazieren gehe. Unser Hotel war aber nur von Autobahn umgeben und bei 40 Grad im Schatten auf dem Parkplatz macht das Spazieren gehen gar nicht mehr so viel Spaß. Weil ich mich nach ein paar Tagen nahezu ohne Bewegung aber gar nicht gut fühlte, entschied ich mich morgens schwimmen zu gehen. Dafür ist das Wetter wirklich angenehm und es tat mir sehr gut. Dementsprechend habe ich das bis auf wenige Ausnahmen bis zum Ende des Dubai Opens durchgezogen.

Kommen wir nun zum Schachlichen.

Zum einen musste ich feststellen, dass alle meine Gegner und Gegnerinnen sehr gut vorbereitet waren, egal ob sie 1900 Elo oder 2400 Elo hatten. Es war also nicht leicht etwas aus der Eröffnung zu holen, allerdings bin ich auch selten sehr schlecht aus der Eröffnung gekommen.

Ich verlor im Turnier zwei Partien und beide folgten dem gleichen Muster:

Diese Stellung stammt aus der zweiten Runde gegen den moldawischen IM Jegor Lashkin.

Schwarz zog im letzten Zug den Springer nach e7 und droht nun nach f5 zu hüpfen, was den Turm von e3 verjagt und die Deckung des f3-Springers aufhebt. Hier wurde ich etwas panisch und spielte 31. g4?? und nach 31... Tf4 32. Sxe5 Lxe5 33. Dxe5 Txf2 34. Kg3 Df3+ 35. Dxe5 T8xf3# wurde ich Matt gesetzt. Stattdessen sollte ich 31. Tf1 spielen, was vorsorglich den f2-Bauern deckt und auch indirekt den Springer auf f3. Hier ist die Stellung völlig unklar und auch Schwarz muss aufpassen, dass nicht plötzlich der Bauer auf e5 fällt. Nachdem die Partie also lange auf Augenhöhe verlief, kostete mich meine Panik einen wichtigen halben Punkt.

Das zweite ähnliche Beispiel stammt aus Runde 6. Ich spielte wieder mit Weiß gegen den jungen Iraner Sina Movahed. Diese Stellung ist etwas unangenehm für Weiß, weil Schwarz Spiel gegen den weißen König hat und die c-Linie kontrolliert. Allerdings gibt es auch hier noch keinen Grund für Weiß aufzugeben und man könnte zum Beispiel 30. Se2 h4 31. Taa3 Sh5 32. Tac3 spielen. Schwarz steht nach wie vor etwas besser, aber die weiße Stellung ist sehr solide und es wird nicht leicht für Schwarz Fortschritte zu erzielen (das heißt nicht, dass ich die Stellung auf keinen Fall verloren hätte, aber es war der deutlich bessere Versuch). Stattdessen hatte ich auch hier wieder das Gefühl drastische Maßnahmen ergreifen zu müssen und spielte 30. Sf5. Es folgte 30... gxf5 31. Tg3 Sg4 32. exf5 Tc4! und die Stellung sieht zwar kompliziert aus, ist aber einfach völlig verloren für Weiß. Zudem ist 32... Tc4 nicht der einzige Zug für Schwarz, der zu großem Vorteil führt(aber der beste!).

Die beiden Niederlagen waren also absolut nicht nötig, aber lehrreich.

Insgesamt war das Turnier elotechnisch kein Erfolg(-14). Allerdings fand ich meine Partien deutlich besser als das Ergebnis suggeriert und ich hatte in dem Turnier auch einfach Pech mit den Gegnern. Meine neun Gegner haben im Schnitt (!) 113 Elopunkte überperformt und insgesamt 301,7 Elopunkte gewonnen. Es ist natürlich völlig normal, dass man mal gegen Leute spielt, die überperformen, genauso spielt man ja auch gegen Leute die unterperformen. Aber normalerweise gleicht sich das im Turnier ungefähr aus, wie man sieht hat sich hier aber nichts ausgeglichen. Diese 113 Punkte machen in der Gewinnerwartung einen Unterschied von über einem Punkt (statt erwarteten 5,7 Punkten hätte ich mit den Performances als Elos nur 4,65 Punkte holen müssen). Da wäre ich also sogar im Plus gewesen! Hätte, hätte Fahrradkette, genug rumgeheult, ich wollte nur aufzeigen, dass es eben auch solche Turniere gibt und dass man tatsächlich auch Pech mit der Auslosung haben kann und Elo eben nicht alles ist. Langfristig sollte sich sowas aber natürlich ausgleichen. Und mein nächstes Turnier startete ja schon am 25.05. - das Dubai Open. Dort war das A-Turnier ab Elo 2300, sodass klar war, dass ich gegen keine unterbewerteten 2000er spielen würde :-). Zunächst mussten wir einen Tag nach Ende des Sharjah Chess Festivals nach Dubai reisen, was allerdings bei 30 Minuten Busfahrt keine besonders stressige Reise darstellt. Wir checkten ins Copthorne Hotel in Deira ein und waren sehr zufrieden mit unserem Zimmer. Das Essen im Hotel war leider deutlich schlechter als in Sharjah, sodass wir auch das ein oder andere Mal auswärts aßen.

An einem unserer freien Tage besuchten wir die Dubai Mall und den Burj Khalifa

Auch hier wurde im lokalen Schachclub gespielt (Dubai Chess Club). Die Fahrt zu den Partien dauerte allerdings an den Wochentagen knapp 30 Minuten und war daher ein zusätzlicher Stressfaktor. Allerdings betraf das natürlich im Prinzip alle und ist daher kein Nachteil.

Foto: Dubai Chess Club

Das Turnier ging für mich gar nicht gut los, denn nachdem ich eine gute Partie spielte, führte ich den zweiten Zug meiner Berechnung vor dem ersten aus und statt ein risikoloses Endspiel zu spielen, spielte ich ein hoffnungsloses:

Tornike Sanikidze - Josefine Heinemann

Ich wollte hier 34... d4 spielen und im Anschluss 35... Ta3. Weiß hat keinerlei aktive Ideen in der Stellung und Schwarz kann hier und da ein paar Dinge probieren. Objektiv sollte die Stellung nicht zu gewinnen sein, aber man kann sie auch auf keinen Fall verlieren.

Stattdessen spielte ich aber 34... Ta3 und nach 35. Lxc5 Lxc5 36. Txc5 ist dieses Turmendspiel leider völlig hoffnungslos und mein Gegner verwertete es vorbildlich. Solche Blackouts sind natürlich doppelt ärgerlich, weil man eigentlich wohlverdiente Punkte einfach wegschmeißt.



In der nächsten Partie folgte dann ein solides Remis und in Runde 3 zeigte mein Gegner absolut fantastische Vorbereitung ich verlor im Prinzip aus der Eröffnung. Mit 0,5/3 war ich natürlich absolut nicht zufrieden und so wollte ich in Runde 4 unbedingt zurückschlagen, dazu bereitete ich sehr viel vor und versuchte meinem Gegner direkt von Beginn an Probleme zu stellen:

Danach wurde es ergebnistechnisch ruhiger (in den Partien allerdings gar nicht) und ich schloss das Turnier nur mit Remisen ab.

Schachlich war ich in diesem Turnier sehr zufrieden, ich hatte viele komplizierte Stellungen auf dem Brett und habe insgesamt gut die Übersicht behalten. Natürlich spielt man in komplizierten Stellungen nie perfekt, aber es ist wichtig, dass die Bewertung nicht mit jedem Zug schwankt und das ist mir im Allgemeinen gelungen. Am Ende steht ein kleines Eloplus von 11,4 Punkten. Um auch hier noch eine ähnliche Statistik anzubringen wie in Sharjah: Meine Gegner haben im Schnitt 13,8 Punkte unterperformt und insgesamt 24 Elopunkte verloren. Ich denke man kann hier nicht sagen, dass die Überperformance aus Sharjah ausgeglichen wurde, aber zumindest haben sie hier eben etwas schlechter als ihre Zahl gespielt.

Ein weiterer interessanter Fakt: Meine Gegner waren im Schnitt 21 Jahre alt und in 18 Partien hatte ich nur vier Gegner, die älter waren als ich. Werden Schachspieler immer jünger oder bin ich einfach alt geworden? :-)

Insgesamt war es für mich eine schachlich spannende Zeit, aus der ich sicher viel mitnehmen kann und in der ich mal wieder mehr Punkte liegen lassen habe, als ich mitgenommen habe. Aber ich arbeite daran und beim nächsten Turnier wird es sicher besser. Wann das sein wird, weiß ich allerdings noch nicht genau. Zunächst steht für mich noch ein Urlaub in Dubai mit meinem Freund an, wir müssen es schließlich ausnutzen, dass wir hier sind. Vielen Dank fürs Lesen und Daumen drücken und bis zum nächsten Mal Josefine

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Klasse Bericht. Vielen Dank und Grüße aus Transilvania von herby

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